Insbesondere bei Neupflanzungen an der Straße tritt verstärkt ein klassisches Schadsymptom auf, dass sich auf der Süd-West-Seite des Stammes befindet: Sonnennekrosen. Um diesem Schadsymptom entgegenzuwirken, haben sich zwei Schutzmaßnahmen mit jeweiligen Vor- und Nachteilen bewährt. Die beiden Verfahren Anbringung einer Schilfrohrmatte oder Weißanstrich werden in Fachkreisen hinsichtlich der Ästhetik, der Baumverträglichkeit und der Anbringung diskutiert.
Mehrere Beobachtungen an unterschiedlichen Orten jedoch verstärkt im Land Brandenburg meldeten verschiedene Schadsymptome an Jungbäumen mit weißem Stammanstrich. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurde unter definierten Bedingungen versucht, diese Schadsymptome in zwei Versuchsanlagen im Land Brandenburg sowie in Hamburg zu reproduzieren und zu prüfen. Dieser Artikel zeigt die Ergebnisse der an diesen Jungbäumen durchgeführten Untersuchungen im Zeitraum von 2008 bis 2013 auf. Um die Schadsymptome zu vergleichen, wurde der weiße Stammanstrich an Kontrollbäumen nach Herstellerangaben (Anleitung) angebracht. Zum Hervorrufen der Schadsymptome wurde die „vorsichtige Reinigung“ nach Anleitung zu einer scharfen und Rindenverletzenden Reinigung mit einer Drahtbürste angepasst. Alle Bäume wurden mit Voranstrich und die Versuchsbäume unterschiedlich oft (ein- bis dreimal) mit dem Weißanstrich behandelt.
Untersuchungen an Bäumen mit weißem Stammanstrich zeigten, dass die meisten Schäden auf biotische Schaderreger zurückzuführen sind. Es bleibt unklar, ob diese Schäden bereits vor dem Anstrich bestanden, da keine Voruntersuchungen vorlagen. Der Stammanstrich dient primär als Schutz vor thermischen Schäden durch Sonneneinstrahlung, verhindert aber nicht den Befall durch Rindenschädlinge oder Pathogene. Er kaschiert kleine Rindenschäden, macht sie jedoch durch Schwarz-Weiß-Kontraste sichtbarer, was die Kontrolle auf Insektenbefall erleichtert.
Eine scharfe Vorreinigung mit Drahtbürsten kann oberflächliche Verletzungen verursachen, die jedoch bei vitalen Bäumen keine nachhaltigen Schäden hinterließen. Dreifaches Überstreichen führte bei Ahorn zu schwarzen Exsudataustritten und Korkbildung, jedoch ohne strukturelle Schäden oder Absterben der Rinde. Insgesamt verursachte der Anstrich weder durch Vorbehandlungen noch durch mehrfaches Auftragen nachhaltige Schäden.
Der weiße Anstrich ist kein Pflanzenschutzmittel und bietet keinen Schutz vor Schädlingen wie Borkenkäfern, die den Anstrich durchdringen können. Er verbessert nicht die Vitalität der Bäume und kann fehlerhafte Pflanzbedingungen (wie ungeeignetes Substrat oder falsche Bewässerung) nicht ausgleichen. Schäden durch Tiere wie Schwarzwild oder Schnecken wurden beobachtet, beeinträchtigten die Bäume jedoch nicht. Der Anstrich schützt somit nur vor abiotischen Schäden und erfordert weiterhin fachgerechte Pflanz- und Pflegemaßnahmen.
Autoren: Manfred Lehmann & Dr. Horst Stobbe
Jahr: 2015
Titel: Anwendungsfehler beim weißen Stammanstrich und wie man sie verhindern kann
Seiten: 198-212
In:
Titel: Jahrbuch der Baumpflege 2015
Auflage: 19. Ausgabe
Herausgeber: Prof. Dr. Dirk Dujesiefken
Verlag: Haymarket Media GmbH & Co. KG
Ort: Braunschweig
Quellenart: Tagungsband
ISBN: 978-3-87815-248-4