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Alleenschutz in Mecklenburg-Vorpommern – Erfolge und Probleme (2022)

Mecklenburg-Vorpommern ist durch seine Alleenlandschaften geprägt. Im Artikel „Alleenschutz in Mecklenburg-Vorpommern – Erfolge und Probleme“ beleuchtet Dipl.-Agr.-Ing. Katharina Dujesiefken die historische, rechtliche und praktische Entwicklung des Alleenschutzes in diesem Bundesland.

Historischer Hintergrund:
Die Tradition der Alleen reicht in Mecklenburg-Vorpommern bis ins 12. Jahrhundert zurück. Ursprünglich bestanden die Straßen und Wege aus schnellwüchsigen Bäumen als Holzlieferant sowie Obstbäumen, die vor allem praktische Zwecke erfüllten. Im Laufe der Zeit, besonders während der Chausseebauzeit des 18. und 19. Jahrhunderts, entwickelten sich Alleen zu einem charakteristischen Merkmal der Kulturlandschaft. Sie dienten zur Orientierung, als Schutz vor Wind und Sonne sowie zur Stabilisierung und Entwässerung der Straßen.
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurde die Bedeutung der Alleen neu bewertet. Einerseits galten sie als schützenswertes kulturelles Erbe und Symbol der historischen Landschaftsstruktur. Andererseits wurden sie im Kontext des modernen Straßenbaus und der steigenden Anforderungen an Verkehrssicherheit oft als Hindernis betrachtet. Insbesondere die engen Abstände zwischen Bäumen und Fahrbahnen führten zu Diskussionen über potenzielle Gefahren, was zunehmend zu Konflikten zwischen Naturschutz und Verkehrsplanung führte. Diese Debatte markiert die Herausforderungen, die sich aus der Balance zwischen dem Erhalt kultureller Werte und der Anpassung an moderne Infrastruktur ergeben.

Rechtlicher Schutz:
Der rechtliche Schutz von Alleen in Mecklenburg-Vorpommern ist ein bedeutender Aspekt des Naturschutzes und wurde durch eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen geregelt, die ihren Erhalt langfristig sichern sollen. Bereits 1992 wurden Alleen durch das Landesnaturschutzgesetz unter besonderen Schutz gestellt. Dieser Schutz wurde später in die Landesverfassung aufgenommen, was ihre Bedeutung für das kulturelle und ökologische Erbe des Bundeslandes unterstreicht.
Ein zentraler Meilenstein war der sogenannte „Alleenerlass“ von 1992, der konkrete Vorgaben für den Schutz und die Pflege von Alleen formulierte. Diese Regelungen wurden 2002 und 2015 überarbeitet und präzisiert, um den Schutz zu stärken und eine Balance zwischen Verkehrsanforderungen und Naturschutz zu schaffen. Der Erlass verpflichtet bei Fällungen von Alleebäumen zu Ausgleichspflanzungen, um Verluste im Bestand auszugleichen. Seit 2015 gilt die Regelung einer 1:1-Kompensation: Für jeden gefällten Baum muss ein neuer Baum gepflanzt werden.
Zusätzlich wurde der Alleenfonds eingerichtet, der Kommunen und andere Träger finanziell unterstützt, wenn Neupflanzungen oder Erhaltungsmaßnahmen notwendig werden. Diese Finanzierungsmöglichkeiten erleichtern die Umsetzung der strengen Schutzvorgaben, insbesondere bei umfangreichen Straßenbauprojekten oder bei Schäden durch Unwetter und Verkehr.
Durch diese Maßnahmen stellt Mecklenburg-Vorpommern sicher, dass Alleen als prägende Elemente der Landschaft erhalten bleiben und gleichzeitig die Anforderungen an moderne Infrastruktur berücksichtigt werden können. Der rechtliche Schutz ist somit ein wesentlicher Beitrag zur Bewahrung des kulturellen Erbes und zur Förderung der Biodiversität im Bundesland.

Erfolge und Herausforderungen:
Von 1996 bis 2020 wurden an Bundes- und Landesstraßen 91.307 Bäume gefällt, jedoch 125.125 Bäume neu gepflanzt. Dieses Verhältnis zeigt einen positiven Nettozuwachs, was einen Erfolg für den Schutz und die Förderung von Alleen darstellt. Dennoch bleibt die Situation an Kreis- und Gemeindestraßen problematisch. Dort liegen etwa 58 % der Alleen, jedoch mangelt es an finanziellen und personellen Ressourcen, um Pflanzungen und Erhaltungsmaßnahmen in gleichem Umfang umzusetzen wie an den übergeordneten Straßen. Maßnahmen wie der Alleenfonds und Förderprogramme haben dazu beigetragen, Pflanzprojekte zu unterstützen und somit den Erhalt der Alleen zu fördern. Trotz dieser Hilfen stellen jedoch bürokratische Hürden eine Herausforderung dar. Besonders der notwendige Grunderwerb für Pflanzflächen entlang der Straßen erschwert häufig die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen. Zusätzlich fehlt es in vielen Kommunen an ausreichend geschultem Personal, um die Pflege und Planung von Alleen nachhaltig zu gewährleisten. Ohne langfristige Strategien und ausreichende Kapazitäten ist es schwierig, das Ziel eines stabilen und kontinuierlichen Alleenbestands zu erreichen. Die Situation zeigt deutlich, dass trotz der erzielten Erfolge erhebliche Herausforderungen bestehen, um den Bestand und die Pflege der Alleen auch in den kommenden Jahren sicherzustellen.

Bedeutung und Perspektiven:
Alleen spielen nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine ökologische Rolle, indem sie Lebensraum für Tiere bieten, Luftschadstoffe filtern und den Klimaschutz fördern. Um ihren Erhalt zu sichern, sind eine bessere Einbindung der Bevölkerung, der Ausbau des Alleenfonds sowie die Anpassung der Abstandsregelungen zwischen Bäumen und Straßen erforderlich. Der Artikel unterstreicht die Bedeutung von Öffentlichkeitsarbeit und Kooperation, um Alleen als Teil des kulturellen Erbes und der grünen Infrastruktur langfristig zu schützen und weiterzuentwickeln.

Autor: Dipl.-Agr.-Ing.Katharina Dujesiefken
Jahr: 2022
Titel: Alleenschutz in Mecklenburg-Vorpommern
Untertitel: Erfolge und Probleme
Seiten: 17-36

In:
Titel: Jahrbuch der Baumpflege 2022
Auflage: 26. Ausgabe
Herausgeber: Prof. Dr. Dirk Dujesiefken
Verlag: Haymarket Media GmbH & Co. KG
Ort: Braunschweig
Quellenart: Tagungsband
ISBN: 978-3-87815-279-8

Beitrag erstellt von:

Straßenbäume und Alleen