Hintergrund: Angesichts des Klimawandels wurden verschiedene Baumempfehlungslisten erstellt, die vorwiegend auf Daten zur Trockenstress-Toleranz und Winterhärte einzelner Baumarten nach der Klimaartenmatrix von Roloff basieren und den Kommunen als Entscheidungsgrundlage für Baumpflanzungen dienen. Die Förderung der Biodiversität findet in diesem Zusammenhang jedoch kaum Berücksichtigung und umfasst in der Regel nur eine begrenzte Auswahl an Organismengruppen und/oder Baumarten.
Vor diesem Hintergrund untersuchten die Autor*innen die Nutzung von 126 potenziellen Zukunfts- und Klimabaumarten durch phytophage Tiere und phytoparasitische Pilze. Als Datengrundlage diente die Open-Source-Datenbank „Blamineerders“, sowie sieben Empfehlungslisten für Klima- und Zukunftsbaumarten.
Die Anzahl der Organismenarten, die für die entsprechende Baumart angegeben ist, wird als BMS bezeichnet.
Ergebnisse: Die Anzahl der Arten und die Zusammensetzung der Organismengruppen unterschieden sich signifikant zwischen den Baumarten.
Außerdem zeigte sich, dass heimische Baumarten von einer größeren Anzahl an Organismen genutzt werden, als nicht-heimische Arten. Gebietsfremde Baumarten von Gattungen, die bereits gut in Nahrungsnetze integriert sind, wie Quercus und Salix, wiesen jedoch einen ähnlich hohen BMS auf, wie heimische Baumarten derselben Gattung.
Eine signifikante Korrelation des BMS und der Einstufung verschiedener Klima- und Zukunftsbaumlisten zeigte sich nur beim Schweizer BI-2-Index, sowie bei der Zahl fruchtfressender Vögel der Turcek-Liste.
Darüber hinaus sind einige vielversprechende Baumarten mitteleuropäischer Trocken- und Wärmegebiete mit hohem BMS nicht Teil der GALK-Straßenbaumliste.
Die Stiel-Eiche (Quercus robur) wies die höchste Anzahl an Arten auf.
Auf Grundlage der vorliegenden Ergebnisse sowie vorangegangener Studien lässt sich eine besondere Relevanz von einheimischen Baumarten für die Biodiversitätsförderung ableiten.
Zudem wird angemerkt, dass die Bewertung gebietsfremder Baumarten in Empfehlungslisten oftmals höher ausfällt, als es hinsichtlich der Biodiversitätsförderung angemessen wäre.
Allerdings sollte der BMS nicht als absoluter Biodiversitätswert gesehen werden.
Es wird folgendes Fazit für die Praxis formuliert:
„⦁ Die Förderung der Biodiversität im Rahmen der Auswahl von Klimabäumen kann als stark korreliert mit der geografischen Herkunft dieser Bäume betrachtet werden.
⦁ Klimabaumlisten sollten vervollständigt werden und den Aspekt der Biodiversität stärker berücksichtigen.
⦁ Wo immer möglich sollten einheimische Arten bevorzugt werden, auch im Straßenbegleitgrün. Bisher unbeachtete einheimische Bäume sollten in das Baumschulsortiment aufgenommen werden.
⦁ Sollen Exoten gepflanzt werden, dann solche aus benachbarten Naturräumen und Gattungen, die möglichst gute Voraussetzungen für eine Einbindung in Nahrungsnetze bieten, etwa Eichenarten. Das Pflanzen invasiver Neophyten ist hingegen zu vermeiden.
⦁ Genetische Vielfalt macht resilient: Statt Ein-Art-Pflanzungen sollten viele verschiedene Arten gepflanzt werden. Dabei sind möglichst kleine Pflanzgrößen oder die Ansiedlung über Saat und wo möglich immer Arten und keine Sorten zu wählen.
⦁ Baumerhalt (auch von Exoten) geht vor Baumneupflanzung. Insbesondere alte und uralte Exemplare beherbergen oft Reste der früher in den Lebensräumen der Umgebung vorkommenden Populationen.
⦁ Abgesehen von einer fachgerechten Baumpflanzung mit großen Baumgruben sollten immer Grünstreifen als Teillebensraum für Insekten mit angelegt werden.“ (S. 23)
Autor*innen: Ulrike Aufderheide, Christoph Peters, PD Dr. Karsten Mody, Heinke Marxen-Drewes
Jahr: 2024
Titel: Zukunfts- oder Klimabäume
Seiten: 14 – 23
DOI: 10.1399/NuL.52180
In:
Titel: Naturschutz und Landschaftsplanung. Zeitschrift für angewandte Ökologie
Auflage: Jahrgang 56, Ausgabe 8
Verlag: Ulmer Verlag
Ort: Stuttgart
Quellenart: Fachzeitschrift