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Artenschutz und Baumkontrollen – Was kann der Baumkontrolleur leisten? (2014)

Die artenschutzrechtlichen Grundlagen in Deutschland basieren auf internationalen Abkommen, EU-Richtlinien und nationalem Recht, insbesondere dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und den Landesnaturschutzgesetzen. Der allgemeine Artenschutz (§ 39 BNatSchG) schützt wild lebende Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume. Eingriffe, wie Baumarbeiten außerhalb der Vegetationsruhe (1. März bis 30. September), sind verboten, es sei denn, sie dienen der Verkehrssicherheit oder erfolgen als schonende Pflegeschnitte.
Der besondere Artenschutz (§§ 44, 45 BNatSchG) schützt streng geschützte Arten wie Vögel, Fledermäuse und holzbewohnende Insekten vor Verletzungen, Tötungen oder der Zerstörung ihrer Lebensstätten. Eingriffe sind nur bei zwingendem öffentlichen Interesse und nach behördlicher Ausnahmegenehmigung zulässig. Verstöße können mit Strafen geahndet werden. Baumpflegemaßnahmen müssen Störungen minimieren und die Erhaltung von Arten sicherstellen.
Baumkontrollen sind zentrale Maßnahmen zur Beurteilung der Verkehrssicherheit und erfolgen gemäß rechtlichen und fachlichen Vorgaben. Die Regelkontrolle ist ein rein visuelles Verfahren, bei dem Defektsymptome effizient vom Boden aus bewertet werden können. Eingehende Untersuchungen erfolgen nur bei verdächtigen Umständen, die nicht abschließend beurteilt werden konnten, und nutzen oft technische Hilfsmittel. Die Kontrolle erfasst Baumstandort, Zustand, Mängel und Schäden, was Konflikte mit Artenschutzvorgaben erzeugen kann. Trotz des geringen Zeitbudgets je Baum ermöglichen moderne Tools eine effiziente Dokumentation und Planung von Maßnahmen. Eingehende Untersuchungen sind aufwändiger und teurer, betreffen jedoch weniger als 5 % der Bäume.
Baumkontrollen zur Verkehrssicherung erfolgen meist visuell und verursachen keine direkten Konflikte mit dem Artenschutz, da sie von Boden aus durchgeführt werden. Eingehende Untersuchungen, insbesondere bei Höhlungen oder Nestern, können jedoch Störungen geschützter Tiere verursachen, weshalb rechtliche Vorgaben zu beachten sind. Kontrollierende sind in der Regel nicht in der Lage, Aussagen zu geschützten Arten zu treffen, da sie weder die Zeit noch die nötigen Kenntnisse haben. Artenschutzfachliche Untersuchungen erfordern spezialisierte Fachleute, die mit entsprechender Ausrüstung arbeiten und die Artenschutzbestimmungen einhalten. Entscheidungen zur Fällung von Bäumen müssen gut dokumentiert und Alternativen geprüft werden, um den Schutz von Lebensstätten zu gewährleisten. In Fällen, in denen die Verkehrssicherung Vorrang hat, müssen Maßnahmen so gewählt werden, dass sie den Artenschutz möglichst schonen.
Baumkontrollierende können im Rahmen der Regelkontrolle keine abschließenden Aussagen zu Habitatbäumen und Artenschutzfragen treffen, da ihnen die nötige Zeit, Kenntnisse und Technik fehlen. Ein direkter Konflikt mit dem Artenschutz tritt dabei nicht auf. Bei eingehenden Untersuchungen, die spezifische Strukturen wie Höhlungen betreffen, kann jedoch eine Störung von Tieren und deren Lebensräumen vorkommen, was rechtlich beachtet werden muss. Artenschutzfachliche Untersuchungen sollten von spezialisierten Fachleuten durchgeführt werden und sind separat zu vergüten.
In den aktuellen Baumkontrollrichtlinien und Baumpflegestandards spielen artenschutzrechtliche Aspekte nur eine untergeordnete Rolle. Eine Verbesserung ist notwendig, etwa durch Anerkennung von „Zwischenlösungen“ wie dem Belassen von Baumtorsos. Ein Arbeitskreis der FLL soll einheitliche Richtlinien und Festlegungen erarbeiten. Die Sicherheit von Menschen hat Vorrang, jedoch müssen artenschutzrechtliche Belange bei Baumarbeiten berücksichtigt werden. Zukünftige Richtlinien und Praxis sollen den Umgang mit geschützten Arten verbessern und die Kooperation mit Naturschutzbehörden fördern.

Autor: Dr. Andreas Plietzsch
Jahr: 2014
Titel: Artenschutz und Baumkontrollen
Untertitel: Was kann der Baumkontrolleur leisten?
Seiten: 136-145

In:
Titel: Jahrbuch der Baumpflege 2014
Auflage: 18. Ausgabe
Herausgeber: Prof. Dr. Dirk Dujesiefken
Verlag: Haymarket Media GmbH & Co. KG
Ort: Braunschweig
Quellenart: Tagungsband
ISBN: 978-3-87815-246-0

Beitrag erstellt von:

Straßenbäume und Alleen